Er machte daher mit dem kaiserlichen Notar kurzen Prozeß, in-
dem er ihn einfach zur Tür hinauswarf.
Während auf dem Reichstage die wichtigsten Angelegenheiten
oft jahrelang verschleppt wurden oder überhaupt keine Erledigung
fanden, füllte man dort die Zeit mit nichtigen Rang- und Form-
streitigkeiten aus. Die kurfürstlichen Gesandten verlangten, durch
Edelknaben mit goldenen Messern und Gabeln bedient zu werden,
und wollten den fürstlichen nur silberne, sowie nur Bediente zu-
gestehen; sie forderten am Maitage für sich sechs Maibäume und
gönnten den fürstlichen bloß vier, auch nahmen sie bei ihrer An-
kunft von der Stadt Regensburg ein größeres Geschenk an Wein,
Früchten und Fischen in Anspruch. Bei feierlichen Gelegenheiten
wollten sie auf roten Sesseln sitzen, während die fürstlichen nur
grüne haben sollten. Als man sich endlich dahin geeinigt hatte,
daß überall nur grüne hingestellt würden, erschien ein kurfürst-
licher Gesandter in einem roten Mantel und ließ ihn während
der Tafel so über den Sessel zurückfallen, daß er anscheinend auf
einem rotbeschlagenen Stuhle saß; er glaubte damit, wie er an
seinen Hof schrieb, den hergebrachten Vorzug der kurfürstlichen
Gesandten gerettet zu haben. Auch über die Stellung der Stühle
gab es einen heftigen Streit. Hatten die kurfürstlichen das Recht,
sie auf den Teppich zu stellen, auf dem der kaiserliche Gesandte
unter einem Baldachin saß, so beanspruchten die fürstlichen
Gesandten, ihre Sessel wenigstens auf die Fransen setzen zu dürfen.
Wegen eines Rangstreites, den der Gesandte eines kleinen Staates
angezettelt hatte, kam es wohl vor, daß feierliche Umzüge unter-
brochen werden mußten; ja, als einmal bei einem Gastmahl der
württembergische Gesandte einem geistlichen Vertreter die Frau
des österreichischen Gesandten weggenommen hatte, um sie zu
Tisch zu führen, wurden über diesen unerhörten Fall nicht weniger
als zehn Staatsschriften veröffentlicht. Einmal wäre es wegen
eines derartigen Streites fast zu einem Uriege zwischen zwei
Uleinstaaten gekommen.
Die Reichsstände beschuldigten den Uaiser, der Uaiser die
Reichsstände wegen der trübseligen Zustände im Reichstage. Von
allen Seiten wuchsen die Beschwerden über die Langsamkeit und
Erfolglosigkeit, über das Heranziehen unnützer Dinge, aber geändert
wurde nichts. Nach sach.
57. Fürst Bismarck.
Die Wiedergeburt des Deutschen Reiches bezeichnen zwei
Namen: Wilhelm I. und Otto von Bismarck. Dem Werk, das
jener geschaffen, hat dieser die Wege bereitet. Man kann den
einen nicht nennen, ohne an den anderen zu denken. Der erste
Uaiser und der erste Uanzler gehören untrennbar zusammen für
alle Zukunft. Darum denkt man sie gern vom Schicksal auch
TM Hauptwörter (50): [T5: [Haus Tag Kind Hand Herr Tisch Mann Fenster Wagen Pferd], T25: [Kaiser König Reichstag Recht Reich Verfassung Staat Regierung Jahr Fürst], T37: [Gott Mensch Herr Herz Leben Wort Welt Himmel Tag Hand]]
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TM Hauptwörter (200): [T196: [Tisch Tag König Hand Wein Herr Haus Gast Abend Frau], T26: [Kaiser Luther Papst König Wort Gott Tag Sache Fürst Schrift], T80: [Kaiser Stadt Fürst Recht Reich König Reichstag Macht Adel Fürsten], T67: [Preußen Bund Staat König Regierung Deutschland Verfassung Frankfurt Reichstag Bundestag], T182: [Krieg Jahr Zeit Land Deutschland Regierung Frankreich Volk Folge Revolution]]
Extrahierte Personennamen: Wilhelm_I. Wilhelm_I. Otto_von_Bismarck Otto
398
tiub bic Bedeutung des Kammergerichts, und in bei» folgeudeu
Jahrhunderten trugen dieselben Ursachen, welche die Schwächung
des Reiches herbeiführten, auch zum Verfalle des Reichskammer-
gerichts bei.
Seitdem das Gericht sich in Wetzlar eingerichtet hatte
(1693), schien es zu keiner gedeihlichen Wirksamkeit mehr gelangen
zu können. Alle größeren Gebiete wußten sich nach und nach der
Wirksamkeit eines Richterkollegiums zu entziehen, das sowohl
durch die Überordnung über die Landesherren als auch durch den
Schutz, den es bedrängten Untertanen verhieß, mit den Ansprüchen
der unumschränkten Fürstengewalt unverträglich schien. Auch trat
hier die Schwierigkeit, die sich in allen Verhältnissen des Reiches
kundgab, Geld für allgemeine Zwecke zu erlangen, bald hervor.
Der Geldmangel minderte die Zahl der Arbeiter von ursprüng-
lich 50 im Jahre 1719 auf die Hälfte herab. Die Unzulänglichkeit
der Kräfte zog die Entscheidung der Rechtsfälle über Gebühr hin-
aus und untergrub das Vertrauen. In dem Gericht selber waltete
derselbe Unfriede, der den Reichstag lähmte; entstand doch wegen
innerer Zänkereien 1701 ein Stillstand, der volle sieben Jahre den
Fortgang der Gerichtsbarkeit hemmte.
Schon 1616 sollen ganze Gewölbe voll Akten seit mehr als
20 Jahren nicht geöffnet und über 20 000 Sachen zurückgelegt sein,
über die niemals Bericht erstattet ward. Begreift sich dies aus
der Zeit des Dreißigjährigen Krieges, so muß man billig doch dar-
über staunen, daß im Jahre 1772. wo Goethe in Wetzlar weilte,
die Reste auf 60 000 angewachsen waren. Bereits 1651 war die
Bestimmung getroffen, daß alle, welche ihre Akten gern befördert
haben wollten, sich melden und nach ein, zwei oder drei Monaten
ihre Mahnungen wiederholen sollten; die Beisitzer waren ver-
pflichtet, solchen Personen schleunigst zu ihrem Rechte zu verhelfen.
Obwohl etwa 1000 solcher Mahnungen jährlich eingingen und sich
bisweilen mehr als 250 Personen in Wetzlar aufhielten, um ihre
Sache zu betreiben, so konnten doch jährlich nur etwa 100 Fülle
erledigt werden. Wer seine Sache in Fluß bringen wollte, suchte
auf alle Weise die Gunst der Berichterstatter zu gewinnen. Eine
Menge Personen machte ein völliges Gewerbe daraus, durch Be-
stechungen die Beschleunigung eines Prozesses herbeizuführen. Im
Jahre 1771 wurde jemand zu sechs Jahren Gefängnis verurteilt,
weil er 116 000 Gulden zu Bestechungen verausgabt hatte, und
eine Reihe Beisitzer, denen die Annahme von Geld nachgewiesen
ward, wurden des Amtes entsetzt.
Die Weitläufigkeit und Endlosigkeit des Verfahrens ging über
jede Vorstellung hinaus; ein einziger Prozeß wegen einer reichs-
gräflichen Besitzung hatte nicht weniger als 188 Jahre gedauert.
In einem Falle wurden 681 Zeugen vernommen, deren Aussagen
auf 10 861 Blättern zu lesen standen.
Es konnte nicht ausbleiben, daß infolge solcher Mißbräuche
das Ansehen des Reichskammergerichts immer tiefer fank. Aber
TM Hauptwörter (50): [T39: [Jahr Million Geld Mark Arbeiter Arbeit Zeit Summe Staat Thaler], T26: [Recht König Stadt Staat Bauer Gesetz Beamter Adel Land Bürger], T25: [Kaiser König Reichstag Recht Reich Verfassung Staat Regierung Jahr Fürst]]
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447
Die „Wacht am Rhein" hatte in den heißen Sommertagen
von 1870 die französische Grenze überschritten. Vor Frankreichs
starker Flotte mußte unsere Marine eine Seeschlacht zu vermeiden
suchen und sich auf die Verteidigung der Küsten und Häfen be-
schränken. Zu ihrem Leidwesen konnten die Franzosen ihren
Plan. ein Heer an der deutschen Küste zu landen, nicht ausführen.
Aber die deutsche Marine sollte nicht untätig dem gewaltigen
Ringen zuschauen. Fern vom heimatlichen Kriegsschauplatz, im
Hafen von Havanna lag das deutsche Kanonenboot „Meteor", zu
welchem sich der schnellere und größere französische Aviso „Bouvet"
gesellte, der am 8. November den neutralen, spanischen Hafen ver-
ließ. Nach den Bestimmungen des Völkerrechts durfte ihm unser
„Meteor" erst nach 24 Stunden folgen. Nach Ablauf der Frist
stach auch er in See, um den Gegner zu suchen und anzugreifen.
Bald rollte der Donner der Geschütze über die Meereswogen: der
Zwischenraum verringerte sich schließlich auf 200 m. Da ging
„Bouvet" unter Volldampf auf das preußische Kanonenboot los.
um es mit dem scharfen Rammsporn in den Grund zu bohren.
Aber sofort erkennt man dort die große Gefahr und weiß durch ge-
schicktes Manövrieren die Absicht des Feindes wenigstens teilweise
zu vereiteln. Ein Zusammenstoß, der unserem Schiffe argen
Schaden zufügt, ist unvermeidlich. Der Groß- und Vesanmast
gehen über Bord. Da trifft eine wohlgezielte preußische Granate
den Kessel des „Bouvet" und macht ihn kampfunfähig. Jetzt ist
der Augenblick der Revanche für unseren „Meteor" gekommen, doch
seine Schraube wird durch überhängendes Tauwerk unklar, und
die Maschinen müssen stoppen. Auf dem Franzosen arbeitet man
mit fieberhafter Haft: Segel werden gesetzt, um gen Havanna zu
entfliehen. Kaum hat „Meteor" die Verfolgung wieder aufge-
nommen, als von spanischer Seite ein Signalschuß erdröhnt, der
den Kämpfern bedeutet: die neutrale Zone ist überschritten, alle
Feindseligkeiten sind einzustellen. — Bald lagen die beiden Schiffe
wieder im Hafen von Havanna nebeneinander, wie es vor 24 Stun-
den der Fall gewesen war.
Im Dezember 1870 erschien die deutsche Korvette „Augusta"
im Hafen von Bordeaux und kaperte drei feindliche Schiffe, zwei
Segler und einen Dampfer. Letzterer wurde verbrannt, die beiden
Segelschiffe aber als wertvolle Prisen nach Deutschland geschickt.
Ungeheure Aufregung rief dieser kecke Streich in Frankreich her-
vor. Sechs Panzer wurden ausgesandt zur Bestrafung der
„Augusta", die aber inzwischen im spanischen Hafen Vigo einen
Unterschlupf gefunden hatte und hier den Friedensschluß erwartete.
Die aus dem Gefecht von Jasmund rühmlichst bekannte
„Nymphe" befand sich bei Ausbruch der Feindseligkeiten in Dan-
zig. Als sich französische Panzer in der Danziger Bucht vor Anker
legten, ließ der Kommandant der „Nymphe" die Hafensperre von
Neufahrwasser beseitigen und ging im Schatten der Küste gegen
die Feinde vor. zwei Breitseiten auf sie abfeuernd. Dann eilte
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Extrahierte Ortsnamen: Rhein" Havanna Havanna Havanna Bordeaux Deutschland Frankreich Jasmund Dan-
472
Ventrich, so ist es ganz in der Ordnung, dag du zu deren Unter-
haltung ebenfalls beitragen mutzt. Übrigens sind die Steuern in
Preutzen überhaupt viel niedriger als in anderen Ländern, z. V.
in Frankreich."
Jetzt gab Wiebach dem Gespräche eine andere Wendung, da
er daran dachte, weshalb der junge Bauer ihn aufgesucht hatte.
„Deine Einberufung patzt dir gewitz sehr schlecht. Wer soll
denn bei euch zu Hause deine Arbeit tun? Ich kann überhaupt nicht
einsehen, weshalb die vielen militärischen Übungen erforderlich
sind: sie verursachen nur unnütze Geldausgaben." „Sie scheinen
mir aber ganz unentbehrlich zu sein," bemerkte Karl Reif gelassen:
„denn im Falle eines Krieges reichen die Soldaten, die gerade ihrer
Militärpflicht genügen, das find zwei oder drei Jahrgänge, bei
weitem nicht aus, und es müssen auch die Reservisten und Land-
wehrleute zu den Waffen gerufen werden. Diese würden aber alles
Erlernte vergessen und dann im Kriege wenig brauchbar sein, wenn
sie nicht von Zeit zu Zeit wieder in den bunten Rock gesteckt würden."
„Wir leben aber doch mitten im Frieden, und einen Krieg
sollten wir überhaupt nicht mehr führen. Die Kriege bringen un-
säglich viel Jammer und Elend und sind gegen die christliche Lehre:
sie mützten gänzlich verboten werden." „Das ist leicht gesagt, aber
schwer ausgeführt!" bemerkte Karl Reif, „wer besitzt denn die
Macht, die Kriege zu verbieten, und vor allem, wie will man ein
Volk, das den Frieden nicht will, zwingen, mit uns in Frieden zu
leben? Doch nur durch Gewalt, also durch einen Krieg."
Er wollte noch weiter reden, wurde aber von Anna Wiebach
unterbrochen, die aus dem Schlafzimmer in die Wohnstube zurück-
kehrte, das Geld von der Fensterbank nahm und in ihr Porte-
monnaie steckte. Im Begriff, fortzugehen, wandte sie sich an ihren
Vater: „Soll ich unterwegs beim Fleischer vorgehen und zu
morgen Rindfleisch bestellen?" Sie erhielt aber nur ein barsches
Rein zur Antwort, und als sie zur Tür schritt, hörte sie noch, wie
der Vater mit verdrießlichem Tone sagte: „Das Fleischessen werden
wir uns im Hause noch ganz abgewöhnen müssen, damit die
Herren Soldaten, deren Zahl, wie ich in der Zeitung gelesen habe,
wieder vermehrt werden soll, ernährt werden können. Im letzten
Manöver sind so viel Patronen unnütz verschossen worden, datz von
dem in die Luft gejagten Gelde zahlreiche Familien ihren ganzen
Lebensunterhalt ein volles Jahr hindurch Hütten bestreiten können.
Da braucht man sich nicht zu wundern, datz die Steuern immer
höher werden."
„Da möchte ich doch an das Gespräch erinnern," bemerkte Reif,
„das vor vierzehn Tagen beim Gastwirt Büttner geführt wurde,
als wir dort nach der Beerdigung des Tischlers Meier, der den
Feldzug 1870/71 mitgemacht hatte, eingekehrt waren. Alle seine
Feldzugskameraden waren der Ansicht, datz die Franzosen sehr-
schlimm bei uns gehaust haben würden, wenn man sie damals ins
Land hineingelassen hätte. Das Fleischessen hätten wir uns gewitz
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Extrahierte Personennamen: Karl_Reif Karl Karl_Reif Karl Anna_Wiebach Büttner Meier
430
Marinen, immer stärkere und bessere Panzerkreuzer zu baue»
als die andern. In diesem gegenseitigen Wettbewerb steigerte
sich die Größe des Panzerkreuzers und ist im Laufe der
Jahre von 6000 bis 8000 t auf 18 000 bis 20 000 t gewachsen:
das sind also Riesenschiffe, die den Schlachtschiffen an Größe nichts
nachgeben und sie in Zukunft vielleicht sogar übertreffen werden.
Diese mächtigen Schiffe werden nun freilich nicht mehr zu Auf-
klärungszwecken verwendet werden. Sie tragen ebenso schwere Ge-
schütze wie die gleichaltrigen Schlachtschiffe und sind allen früher
gebauten Schlachtschiffen an Kampfkraft weit überlegen. Ihre
Geschwindigkeit beträgt 24—26 Knoten. Es leuchtet ein, das;
ein starkes Schiff nicht lediglich für Aufklärungsaufgaben ver-
wendet werden darf. Da haben die Engländer nun eine Verwen-
dung herausgefunden, die sich auch im Russisch-Japanischen Kriege
als sehr nutzbringend erwiesen hat. Die schnellen starken Kreuzer-
werden in den Entscheidungskampf der Schlachtschiffe eingreifen,
indem sie den Feind vermöge ihrer hohen Geschwindigkeit umgehen,
von der anderen Seite fassen und so zwischen zwei Feuer bringen.
Verfügen beide Flotten über solche Panzergeschwader, so werden
sich Kümpfe zwischen ihnen entspinnen. Hat aber eine Flotte keine,
so befindet sie sich natürlich der anderen gegenüber im Nachteil.
Weit besser steht es in der deutschen Flotte mit den kleinen
Kreuzern. Wir haben fertig und im Bau 22 dieser kleinen Schiffe,
von denen die kleinsten bzw. ältesten 2600t, die neuesten 3800thalten.
Die Aufgaben dieser Schiffe sind in obigem genügend bezeichnet: es
kommt aber eine noch sehr wichtige hinzu, nämlich das Jagen und
Vernichten von feindlichen Torpedofahrzeugen. Hierzu haben
fast alle Marinen sogenannte Torpedobootzerstörer oder Torpedo-
jäger konstruiert, die eigentlich nur große Torpedoboote sind und
sich von diesen nur dadurch unterscheiden, daß sie eine etwas
schwerere Artilleriebewaffnung tragen. Sie haben aber den
großen Nachteil, daß sie meist nur schwach gebaut sind, geringen
Kohlenvorrat führen und bei schlechtem Wetter und hoher See sehr
stark an Geschwindigkeit einbüßen. Unsere kleinen Kreuzer da-
gegen sind sehr gute Seeschiffe, können großen Kohlenvorrat auf-
nehmen und werden auf die Dauer, besonders wie gesagt bei See-
gang. feindlicher Torpedoboote habhaft werden, auch wenn diese
anfangs und bei günstigen Wetterverhältnifsen erheblich schneller
laufen.
Auf den Ausbau einer Torpedoflotte hat man bei uns
von Anfang an großen Wert gelegt. Jährlich erhält unsere Flotte
einen Zuwachs von zwölf Booten, wobei allerdings zu bedenken
ist, daß all diese leicht gebauten Fahrzeuge schnell sich aufbrauchen
und nach reichlich einem Jahrzehnt für den Dienst auf hoher See
nicht mehr verwendbar sind. Im Kriege dürfen wir uns von den
Torpedobooten großen Nutzen versprechen. Einmal ist die ganze
Gestaltung unserer Küsten mit ihren flachen Gewässern und
Schlupfwinkeln, in die ihnen große Schiffe nicht folgen können, für
TM Hauptwörter (50): [T24: [Schiff Meer Insel Küste Land Fluß See Wasser Hafen Ufer], T39: [Jahr Million Geld Mark Arbeiter Arbeit Zeit Summe Staat Thaler]]
TM Hauptwörter (100): [T15: [Schiff Flotte Hafen England Jahr Insel Engländer Meer Küste Kriegsschiff], T92: [Mensch Leben Natur Arbeit Zeit Ding Geist Welt Art Seele], T28: [Schiff Meer Wasser Land Küste Ufer Insel See Flut Welle], T9: [Krieg Deutschland Reich Frankreich Preußen Macht Zeit Kaiser Jahr Frieden], T11: [Wein Getreide Boden Viehzucht Weizen Land Pferd Obst Kartoffel Ackerbau]]
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105
letzteres zweimal passiert, so entzieht er dem Redner das Wort
oder er kann ihn aus der Sitzung ausschließen. Entfernt er sich
nicht freiwillig, so hebt der Präsident die Sitzung auf.
Außer den Schriftführern sind im Reichstage noch besonders
angestellte Stenographen, die die Reden wortgetreu niederschreiben.
Hat der Reichstag alle Aufgaben erledigt, die er sich für die
Sitzungsperiode gestellt hatte, so wird er durch den Kaiser oder
in dessen Aufträge durch den Reichskanzler geschlossen.
52. Die Vertretung des Deutschen Reiches
im Auslande.
Als in den 'chinesischen Wirren der deutsche Gesandte
Ketteler von den Chinesen getötet wurde, da ging ein Schrei
der Entrüstung und Empörung durch unser deutsches Volk; denn
durch diese entsetzliche Behandlung war uns die größte Schmach
angetan worden und die schwerste Beleidigung widerfahren.
In dem Gesandten, als dem Vertreter Deutschlands war unsere
Nation selbst getroffen. Ein Heer ging hin, um diese Schmach zu
rächen. Ein chinesischer Prinz kam nach Berlin und bat um Ent-
schuldigung oder Verzeihung. („Sühneprinz".)
Also die Vertretung unseres Vaterlandes im Auslande
geschieht durch Gesandte. Sie führen je nach der Größe des
Landes und der Wichtigkeit des Postens, auf dem sie sich befinden,
den Titel, Botschafter, Gesandter, Ministerresident und Geschäfts-
träger. Letzteres ist nur bei den ganz kleinen Staaten der Fall.
Die Gesandten haben unter sich eine Reihe von Hilfs-
arbeitern, je nachdem sie nötig sind: Botschafts- oder Legations-
räte, Dolmetscher (Dragoman), Attache, d. h. Beigeordnete.
Häufig werden auch Militärattaches oder Militärbevollmäch-
tigte der Gesandtschaft beigegeben. Diese haben ihre Regierung
über das Heer- und Marinewesen laufend zu unterrichten. Die
Besorgungen der Nachrichten haben vielfach Feldjäger oder
Kuriere, da man wichtige diplomatische Schriftstücke nicht der
ausländischen Post anvertraut.
Der Gesandte empfängt von seiner Regierung ein Be-
glaubigungsschreiben, das er dem Regenten des fremden
Landes feierlichst überreicht. Ebenso ist es bei seinem Weggange,
da übergibt er ein Abberufungsschreiben. Im Falle eines
Krieges werden beide abberufen. Sie verlangen dann ihre Pässe.
Für den Gesandtschaftsposten werden besonders kluge und
erfahrene Personen ausgewählt, die mit den Verhältnissen des
Landes vertraut sind.
Für den Gesandtschaftsverkehr wurde im Wiener Kongreß 1815
ein besonderes Gesandtschaftsrecht aufgestellt.
Sobald der Gesandte sein Beglaubigungsschreiben überreicht
hat, ist ihm von der fremden Regierung die Sicherheit und
TM Hauptwörter (50): [T25: [Kaiser König Reichstag Recht Reich Verfassung Staat Regierung Jahr Fürst], T12: [König Paris Jahr Napoleon General Frankreich Mann Tag Kaiser Minister], T39: [Jahr Million Geld Mark Arbeiter Arbeit Zeit Summe Staat Thaler]]
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145
Regelung ihrer Angelegenheiten. Um stark und einheitlich auf-
treten zu können, mußten sie sich zusammenschließen und den Zwang
ausüben können, daß jeder Angehörige des einzelnen Handwerks
der Zunft beitrete. Der Zunftzwang ist also so alt wie die Zünfte
selbst. Wir finden den Zunftzwang schon zu Beginn des 12. Jahr-
hunderts. Ein wesentliches Merkmal der Zünfte war die Gerichts-
barkeit. die sie ausüben durften. Die Verhandlungen der Zünfte,
die vorerst aus den alten Gerichtsplätzen oder in den Kirchen ge-
tagt hatten, fanden später in gemeinsamen Vereinigungsorten
statt, den Zunftstuben der kleineren Zünfte und den oft palast-
ähnlichen Zunfthäusern der großen Zünfte, welche die Größe und
den Reichtum ihres Handwerks schon äußerlich kundgaben.
Das fortwährende Steigen des Reichtums, der Macht und
des Einflusses der Zünfte hat bereits im 13. Jahrhundert zu ver-
schiedenen Versuchen, sie zu unterdrücken, geführt. Die Bischöfe
und die Geistlichkeit, die Adligen und die alten Patrizierfamilien
sahen in den Zünften eine Gefahr für ihre eigene Macht. In den
Städten pulsierte das Leben der Zünfte jedoch zu kräftig, und sie
widerstanden mit Erfolg allen Maßregelungen. Trotz wieder-
holter Abschaffung durch verschiedene Landes- und Lehensherren
blühten sie stets wieder neu auf. Die Handwerker, die es durch
harte Arbeit, großen Fleiß und Sparsamkeit zu Reichtum und An-
sehen gebracht und eine große Selbständigkeit errungen hatten,
welche die Steuerlasten in höherem Maße trugen und drückender
empfanden als die Angehörigen der alten Geschlechter, und im
städtischen Kriegsdienst schwer belastet waren, sollten von der Ver-
waltung der Städte ausgeschlossen bleiben, weil diese in den Hän-
den einer Aristokratie lag, die auf keinen Fall die Gewalt mit
der übrigen Bürgerschaft teilen wollte. Vor dem 14. Jahrhundert
findet man selten Handwerker in den Stadträten. Die Mißstim-
mung der Bürgerschaft über diesen Ausschluß ging, genährt durch
die Willkür und die Gewalttätigkeit der Machthaber, in eine
Gärung über, die zu blutigen Kämpfen führte. Mit schweren
Opfern führten die Zünfte den Kampf durch, bis es ihnen im
14. Jahrhundert endlich gelang, sich zu behaupten. Diese Kämpfe
zwischen Zünften und alteingesessenen Geschlechtern füllten das 14.
und 15. Jahrhundert fast ununterbrochen aus.
Im 15. Jahrhundert erreichten die Zünfte dann die Höhe
ihrer Macht. Später allerdings verloren sie ihr Ziel, für das
Ganze zu sorgen, aus den Augen, sie übersahen speziell die Inter-
essen der Gesellen, und so trat nach und nach der Meisterschaft die
Gesellenschaft als eine wohlorganisierte feindliche Macht entgegen.
In diesen Kämpfen erlitten die Zünfte und das Handwerk über-
haupt unendlichen Schaden. Schuld war die Form der Zünfte,
welche ihrer Zeit nicht mehr entsprach. Um dies aber erkennen
zu können, muß ihr Wesen vorerst einer Betrachtung unterzogen
werden.
Vom Anfang des Handwerks an gab es wohl Lehrlinge, aber
Vadesahn, Staats- und Bürgerkunde. 10
TM Hauptwörter (50): [T4: [Reich Zeit Staat Volk Deutschland Jahrhundert Land Macht deutsch Geschichte], T39: [Jahr Million Geld Mark Arbeiter Arbeit Zeit Summe Staat Thaler], T26: [Recht König Stadt Staat Bauer Gesetz Beamter Adel Land Bürger]]
TM Hauptwörter (100): [T72: [Bauer Arbeiter Steuer Jahr Stadt Staat Abgabe Gemeinde Land Verwaltung], T41: [Staat Recht Volk Adel König Land Verfassung Gesetz Stand Verwaltung], T69: [Kirche Kloster Stadt Schule Bischof Gemeinde Orden Land Priester geistliche], T43: [Zeit Volk Jahrhundert Geschichte Reich Staat Leben Kultur Deutschland Mittelalter], T42: [Körper Wasser Luft Blut Mensch Pflanze Haut Tier Speise Stoff]]
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303
elektrischen Strom durch ihn hindurchsendet. Wird der Stromfluß
unterbrochen, so hört der Magnetismus auf.
Mit Hilfe des Elektromagsetismus kann man ein Eisenstückchen
auf und ab bewegen, je nachdem es angezogen oder abgestoßen
wird. Der amerikanische Maler Morse baute 1833 das Modell
eines Schreibtelegraphen. Seine Erfindung fand so viel Anklang,
daß schon 1836 Telegraphenlinien mit Morsetelegraphen gebaut
wurden. Die Schrift besteht aus Strichen und Punkten, die von
den Telegraphenbeamten gelesen und übersetzt werden.
Im Jahre 1854 erfand der Engländer D. E. Hughes einen
Apparat, der die Depeschen gleich in lesbarer Schrift, in lateinischen
Buchstaben, übermittelte.
2n neuerer Zeit werden die Leistungen von den Schnell-
telegraphen übertroffen.
Die Telegraphie ist ein ganz bedeutendes staatliches Verkehrs-
mittel, welches nicht nur Zeit und Raum überwindet, sondern die
Menschen einander näherbringt.
In eine ganz neue Phase der Entwicklung tritt die Telegraphie
durch die drahtlose Telegraphie. Inwieweit es da den Menschen
gelingen wird, sich Nachrichten in und durch den Weltenraum zu
geben, das wird die Zukunft lehren.
Die Telephonie. Der Erfinder des Telephons ist der
Lehrer Philipp Reis in Friedrichsdorf bei Frankfurt a. M. Im
Jahre 1861 baute er einen Apparat, durch den man Melodien
weitergeben konnte. Leider starb er kurze Zeit darauf. Der
Amerikaner Bell griff die Anregung auf und konstruierte einen
sehr einfachen Apparat, in dem ein Elektromagnet hinter einem
Eisenblech (Membrane) liegt. Durch die Erschütterung des Sprechens
wird in dem Elektromagneten ein Strom erzeugt, der durch den
Draht weiter geleitet wird und im Hörstück dieselben Bewegungen
erzeugt und den Ton der Sprache wiedergibt. Ursprünglich war
der Klang sehr leise, jetzt hat man jedoch denselben schon so stark,
daß der Ton deutlich zu erkennen ist, selbst die Klangfarbe.
Der Generalpostmeister Stephan ließ 1876 im Reichspostamt
so einen Apparat vorführen. Rach gelungenen Versuchen wurden
gleich 20 Postanstalten mit einem Fernsprecher ausgerüstet
Jetzt sind überall in allen Orten und Postämtern Fernsprechstellen
eingerichtet. Man kann auf Entfernungen von mehreren 1000 Km
sprechen.
Die Bedienung und Handhabung des Telephons ist eine
sehr einfache. Man braucht nicht einmal sein Haus zu verlassen
und kann alle seine Geschäfte und Angelegenheiten auf telephonischem
Wege erledigen.
Unser Staat zeigt für das Wohl seiner Bürger seine große
Fürsorge, indem er das Retz immer weiter ausbaut und damit
die Verkehrsmöglichkeiten und Verkehrserleichterungen in größtem
Maße bietet.
B.: Die Telegraphie und Telephonie.
TM Hauptwörter (50): [T7: [Erde Luft Sonne Wasser Himmel Berg Tag Licht Wolke Nacht], T45: [Zeit Mensch Leben Kunst Sprache Wissenschaft Natur Wort Geist Lehrer], T29: [Handel Industrie Land Ackerbau Fabrik Stadt Deutschland Mill Viehzucht Gewerbe]]
TM Hauptwörter (100): [T16: [Ende Körper Strom Bild Hebel Hand Auge Wasser Gegenstand Seite], T45: [Kind Lehrer Wort Schüler Buch Unterricht Schule Frage Buchstabe Zeit], T4: [Handel Land Industrie Stadt Verkehr Gewerbe Ackerbau Viehzucht Deutschland Zeit]]
TM Hauptwörter (200): [T3: [Hebel Last Brief Ende Gewicht Rolle Gleichgewicht Punkt Seite Fig], T75: [Strom Elektrizität Ende Eisen Magnet Elektricität Körper Draht Funke Leiter], T183: [Kind Lehrer Schüler Unterricht Schule Frage Stoff Aufgabe Zeit Geschichte], T182: [Krieg Jahr Zeit Land Deutschland Regierung Frankreich Volk Folge Revolution]]
Extrahierte Personennamen: Morse Hughes Philipp_Reis Philipp Stephan_ließ
370
Feuchtigkeit zeige, deren Folge Pilze an den Wänden, sogenannter
Schwamm, sei. Huckebein hatte sich geweigert, ihn deshalb ziehen
zu lassen, und Einhaltung des noch laufenden Kontraktes ver-
langt. Darauf hatte Müder ihn auf Lösung desselben verklagt,
damit der Hausbesitzer ihm beim Ausziehen nicht die Möbel zu-
rückbehalten könne. Huckebein hatte noch niemals mit einem Ge-
richt zu tun gehabt und fürchtete nun alles mögliche Unheil. Sein
Rechtsanwalt, Dr. Schlaumeier, hatte ihn schon zu beruhigen ge-
sucht, aber vergeblich. Auf seine Bitte versprach ich ihm endlich,
mit aufs Gericht zu kommen und der Sitzung beizuwohnen. Vor
einigen Tagen holte mich also Huckebein früh um 8 Uhr ab.
nachdem er mir vorher Nachricht gegeben hatte, daß der Termin
um 10y2 Uhr stattfinde. In den weiten Gängen und auf den
Treppen des stattlichen Palastes herrschte reges Treiben. Denn
von 8 Uhr an finden Sitzungen statt. An den einzelnen Zimmern
hingen Zettel, auf denen die einzelnen Verhandlungen verzeichnet
waren, die im Laufe des Vormittags stattfinden sollten. Auf
manchen Zetteln waren nur wenige angekündigt, da handelte es
sich dann um größere Streitigkeiten, deren Erledigung im ein-
zelnen Fall längere Zeit verlangte. An anderen Zimmern sahen
wir ganz lange, eng beschriebene Zettel, auf denen sehr viele Ter-
mine, oft für eine Viertelstunde 4—6, angezeigt waren. Da wäre',;
denn natürlich Angelegenheiten darunter, die im Augenblick er-
ledigt waren.
Auf den Korridoren saßen und standen die einzelnen Parteien
und Zeugen. Dazwischen gingen die Gerichtsdiener herum und
stifteten Ruhe. wenn die Unterhaltung gar zu lebhaft wurde.
Schließlich beschlossen wir. in das Zimmer einzutreten, in dem die
Verhandlung gegen Huckebein geführt werden sollte, damit dieser
sich ein wenig darauf vorbereiten könne. Da die Verhandlungen
im allgemeinen öffentlich sind und der Raum noch Platz bot,
konnten wir ungehindert eintreten. Rechts von der Türe standen
quer nach der entgegengesetzten Wand hin einige Bänke, die Platz
für die Zuschauer boten. Links von der Türe saßen an einem mit
grünem Tuch überzogenen, ringsum freistehenden, erhöhten Tisch
der Richter und der Gerichtsschreiber. Davor stand ein Tisch, an
dem die streitenden Parteien Platz nahmen. Bei unserem Ein-
treten war gerade ein Fall erledigt. Der Richter nannte laut die
Namen der nun folgenden Parteien. Als sich niemand meldete,
klingelte er. Der Gerichtsdiener erschien und rief dann auf dem
Korridor die Namen aus. Das Herbeischaffen und Wegbringen
von Aktenstücken und das Aufrufen der Parteien sind Aufgaben
der Gerichtsdiener.
Nun erschienen ein Kaufmann und ein Beamter vor dem
Richter. Der Beamte hatte von dem Kaufmann Waren bezogen,
für die Bezahlung verlangt wurde, während er behauptete, sie
bereits bezahlt zu haben. Zum Beweise verlangte der Beamte
Vorlage der Geschäftsbücher, um festzustellen, ob die Summe dort
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sondern seine Geschwindigkeit macht überhaupt erst eine Strategie
möglich. Der Panzerschutz wiederum kann nicht nur dafür ent-
scheidend sein, wie lange das Schiff kampffähig bleibt, sondern
auch für seine Bewegungsfähigkeit. Ein Bataillon, ein Regiment
oder ein Armeekorps kann geschlagen werden, fliehen, sich sammeln
und bald darauf wieder, wie die Vlüchersche Armee bei Waterloo,
einen Sieg erfechten. Bei Schiffen und Geschwadern ist mit einem
Siege nach einer einmal verlorenen Seeschlacht beinahe nie zu
rechnen; entweder sie finken oder sind dermaßen beschädigt, daß
wochenlange Reparaturen sich erforderlich machen.
Das Schlachtschiff läßt sich etwa der Infanterie und Ar-
tillerie zusammengenommen vergleichen. Es bringt die Entschei-
dung der Schlacht und des Krieges überhaupt, sofern sich dieser
auf hoher See abspielt. Deswegen kämpft es auch nicht allein,
sondern man vereinigt die Schiffe zu Geschwadern und Flotten:
diese fechten in bestimmter Ordnung. Durch Friedensübungen
und Manöver unter möglichst kriegsmäßigen Bedingungen ver-
sucht man zu ermitteln, welche Gesamtzahl für jeden großen Ver-
band am praktischsten ist. und welche Gliederung dem wieder ent-
spricht. Die Flotte, welche Deutschland nach dem Gesetz von 1000
zu bauen unternommen hat. zählt 38 Schlachtschiffe, 20 Panzer-
kreuzer, 24 kleine Kreuzer. Man hatte damals durch Übungen,
die sorgfältig und zielbewußt Jahre hindurch angestellt waren, er-
mittelt, daß mehr als 10 Schlachtschiffe von einem 17., dem Flagg-
schiff des Admirals, zu leiten schwer möglich seien. Dies Flagg-
schiff sollte nicht in der Reihe fahren, sondern außerhalb, damit
der Admiral seinen Platz immer nach Gutdünken wählen und
seine Flotte wie die des Feindes übersehen konnte. Jene 10 Schiffe
nun unterstellte man zwei Geschwaderchefs, deren jeder acht Schiffe
führte. Und jeder dieser Eeschwaderchefs hat wiederum einen
zweiten Admiral unter sich, der ihn unter Umständen vertreten
muß. Das Gesetz sah also zwei Flotten- oder Doppelgeschwader
zu je 17 Schiffen vor. macht 34 Schiffe. Die übrigen vier bezeich-
nete man als sogenannte Materialreserven. Natürlich wird man
im Kriege alles, und zwar zuerst das beste, was man hat. so schnell
wie möglich ins Feld führen, und so darf man sich, was das be-
trifft, nicht so ängstlich an den Begriff der Materialreserve halten.
Der Charakter des Schlachtschiffs läßt sich am besten bezeich-
nen als: größtmögliche Anhäufung der Kraft auf kleinstem Raum.
Das gilt ganz besonders von diesen modernen Riesen, die man
nach dem englischen Muster als „Dreadnoughts"-') bezeichnet hat,
tragen sie doch nicht weniger als zehn und mehr Riesengeschütze
an Bord, während noch vor wenigen Jahren vier solcher Kanonen
das Höchstmaß eines Schlachtschiffs darstellte. Zwei solcher Schiffe
haben also jetzt und in Zukunft mindestens die gleiche schwere
Artillerie wie früher deren fünf. Aufgestellt sind diese Kanonen
meist zu zweien in je einem, schwer gepanzerten Turm, der dreh-
*) D. h, fürchte nichts.
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